„Jonas nimmt sich immer meine Stifte ohne zu fragen!“,
„Mich nervt, dass Lena in den Pausen hinter uns her läuft. Ich will nur mit Selin meine Ruhe haben!“
Was für uns Lehrkräfte oft nach harmlos anmutenden Streitigkeiten aussieht und gerne mit einem beschwichtigenden Kommentar abgetan wird, steckt für die Schülerinnen und Schüler manchmal mehr dahinter. Auch erwarten diese von ihren Lehrerinnen und Lehrern häufig, dass sie Konflikte stellvertretend lösen, z.B. Jonas verbieten, ungefragt Stifte zu nehmen. Ob dieses Vorgehen nachhaltig für Ruhe in der Federmappe und der Klasse sorgt, ist fragwürdig.
Ein erprobtes und hilfreiches Mittel zur Lösungsfindung bei Alltagskonflikten ist der Klassenrat, der sein volles Potential erst dann entfaltet, wenn er in einer in Klasse fest etabliert ist und regelmäßig stattfindet. Der Klassenrat ist eine konsequente Weiterführung des sozialen Lernens, ersetzt jedoch keinesfalls eine Intervention nach Mobbing-Vorfällen.
Im Klassenrat besprechen die Schülerinnen und Schüler nach festen Abläufen und Regeln ihre Probleme und Streitigkeiten, die sich häufig aus dem alltäglichen Miteinander ergeben. Die Lehrer werden entlastet, da sie die Verantwortung für Problemlösungen in die Lerngruppe zurückgeben. Gleichzeitig erfahren die Schülerinnen und Schüler zunehmend ihre Selbstwirksamkeit, erweitern ihre Konfliktkompetenz und werden an ihren Absprachen gemessen. Hat die Vereinbarung geklappt, dass Jonas erst nach ausdrücklicher Erlaubnis Schreibutensilien bekommt? Vielleicht hat die Klasse auch entschieden, dass Jonas künftig dafür sorgt, dass er immer eigene Stifte dabeihat. Der entscheidende Punkt beim Klassenrat ist, dass die Klasse einen Konsens findet – ein wichtiger Schritt für echte demokratische Beteiligung im Klassenzimmer!
Argumentieren können, andere ausreden lassen und zuhören sind wichtige Voraussetzungen für einen funktionierenden Klassenrat und erfahrungsgemäß sind die Schülerinnen und Schüler konzentriert und mit großem Ernst dabei, da es ja ihre Konflikte und „echte“ Themen sind, die verhandelt werden.
Auch Schülerinnen und Schüler, die sprachlich noch unsicher oder eher schüchtern sind, können diese Fähigkeiten im Klassenrat entwickeln, da feste Regeln und Abläufe Sicherheit geben. So gibt es Ämter im Klassenrat wie das Führen der Rednerliste, Schriftführer/in, Klingelmeister/in und Zeitmanager/in, die zunächst fest vergeben werden sollten.
Zudem sorgt der Klassenrat für einen besseren Unterricht, denn Sorgen und Konflikte haben ihren festen Raum und belasten das Lernen nicht mehr.